STELVIO 2020
TOURREPORT VON MATTHIAS KRAUSE
Alles fing an, als ein guter Freund mir von der geplanten Tour erzählte als er am Abend zuvor bei mir zum Grillen vorbeischauen wollte. Er erzählte mir, dass kurzfristig jemand abgesagt hätte und ich fragte natürlich gleich ob ich da nicht mitfahren könnte. Nach kurzer Rücksprache mit dem Veranstalter Drive-Lotus stand also einem gemeinsamen Auto-Wochenende nichts mehr im Wege. Bei den Recherchen zum genauen Ablauf der Tour hab ich irgendwo den (bis dahin noch nicht geänderten) Satz entdeckt: „…zum erstem mal nur Lotus…“. „Oh Wei!“ hab ich mir gedacht, „Das kann ja was werden.“ Nach Aufnahme in die eigens dafür geschaffene WhatsApp-Gruppe, ging es auch schon los mit entsprechenden Kommentaren als ich mich als nicht Lotus Fahrer geoutet hatte: „Gepäckesel, Biertransporter und Kamera-Fahrzeug“, waren noch die netteren Bezeichnungen. Wenn jetzt einer denkt, dass ich die Gruppe hier schlecht machen will, weit gefehlt! Schon im Gruppenchat hat sich abgezeichnet, dass hier alle recht gern scherzen und jeder wirklich sympathisch zu sein scheint. Das hat sich dann am Samstag Morgen nur noch einmal bestätigt. Vorab sei erwähnt, dass ich noch nie mit einer so entspannten und freundlichen Gruppe Sportwagenfahrer unterwegs war und das auch noch als vermeintlicher „Außenseiter“!
Start der Tour in Holzkirchen war zwar sehr früh am Morgen, aber wir hatten in den beiden vor uns liegenden Tagen ja noch eine ganze Menge vor. Nach den ersten fünf Minuten sind wir schon auf eine kleine Nebenstrasse abgebogen, die fahrerisch wahres Vergnügen war. Man kann also sagen, dass wir ohne Anlauf ins Vergnügen gestartet sind. Hätte unser Drive-Lotus Tourguide Timo nicht angemerkt, dass er sich gerade verfahren hat, hätten wir das nie bemerkt und ihm einfach später zum neu gefundenen Streckenabschnitt gratuliert.
In Leutasch (Österreich) hatten wir dann noch ein planmäßiges Rendezvous mit zwei weiteren Fahrzeugen, die sozusagen noch zur Truppe dazugestossen sind, was soll ich sagen, Lotus natürlich! Doch auch von den Neuankömmlingen wurden ich und mein Focus RS sofort herzlich adoptiert. Nachdem wir mit den Blödeleien rund um die Kollegen der österreichischen Polizei, die auf der anderen Straßenseite Geschwindigkeit herannahender Fahrzeuge kontrollierte und potenzielle Corona Fälle checkte, ging es dann vollzählig in Richtung alte Brennerstraße. Man merkte sofort, dass man nach Italien kam, als wir statt neidischer Blicke plötzlich freundliche Gesichter und winkende Kinder sahen. Wahrscheinlich wussten die Kinder noch nicht, dass sie hier englische Sportwagen und keinen Ferraris zuwinkten *lach*.
DRIVE-LOTUS | STELVIO 2020
ZWEITHÖCHSTER BEFAHRBAREN ALPENPASS IN EUROPA
Im Hotel Avidea in Algund, etwas ausserhalb von Meran, angekommen, wurden wir freundlich begrüßt und der Check-In war dank Vorbereitung innerhalb weniger Minuten für alle Teilnehmer erledigt. Bei original italienischem Cappuccino und kalten Erfrischungsgetränken auf der sagenhaften Hotelterasse, mit wunderschönem Ausblick auf das Maeran, wurde kurzerhand gemeinsam beschlossen den Stelvio-Pass noch auf diesen Nachmittag vorzuverlegen. Mit anderen Worten: Wir hatten selbst nach über 6 Stunden kurviger Landstrassen noch immer nicht genug! Also machten wir uns auf den Weg: immer höher und höher hinaus in Richtung unseres eigentlichen Tourzieles. Als wir die ersten Serpentinen hinter uns hatten wurde uns klar, dass wir uns richtig entschieden haben: Ideale Wetterbedingungen und kaum andere Verkehrsteilnehmer auf der Strecke. Mit jedem Höhenmeter sank auch die Temperatur der anfänglich 26 Grad langsam in Richtung Gefrierpunkt. Angekommen am Scheitelpunkt einer der imposantesten Bergpässe der Alpen, wurden wir beim Abstellen unserer Autos zudem von einigen Schneeflocken überrascht. Was für ein Ausblick auf über 2750m Höhe. Nachdem wir die obligatorische Fotosession am Stelvio abgeschossen hatten ging es dann auch wieder zurück in Richtung Hotel. Auf dem Weg nach unten, bemerkte ich dann den doch signifikanten Gewichtsunterschied zwischen einem Focus und einem Lotus! Es wurde mal kurz über Funk nachgefragt, ob mit mir alles in Ordnung sei oder ich irgendwelche technischen Probleme hätte. Die Gruppe lies mich aber nicht zurück fallen, sondern wie sich das gehört, wurde immer auf mich gewartet. Tut mir nur leid für unseren Lumpensammler John und seine gelbe Elise, der etwas hinter mir „festhing“. Nebenbei bemerkt, hat John fantastische Arbeit geleistet und die Gruppe immer gut von Hinten zusammengehalten. Ist kein einfacher Job da hinten, am Ende einer Gruppe mit 12 Autos, ich kenne das von meinen Motorradtouren!
DRIVE-LOTUS | STELVIO 2020
DAS AVIDEA – UNSERE UNTERKUNFT IN ALGUND
Das Abendessen im Hotel war ein sehr gelungenes 5-Gänge-Menü, bei dem sich selbst Gourmets schwer getan hätten etwas zu bemängeln. Zudem kannte sich unser Kellner bestens auf der Weinkarte aus und gab perfekte Empfehlungen. Nachdem die Weinempfehlungen sehr gut ankamen haben wir vorsichtshalber beschlossen, am nächsten Morgen doch zwei Stunden später aufzubrechen als geplant. Zeitdruck hatten wir ja sowieso keinen, da der Stelvio ja schon „abgehakt“ war. Wobei der ein oder andere überlegte, ob er ihn nicht doch nochmal vor dem Frühstück in den Angriff nehmen sollte, weil es so schön war. Nix für mich, ich bin Langschläfer!
Am nächsten Morgen war ich tatsächlich der Letzte der beim Frühstück aufschlug, hatte aber schon mein Zimmer geräumt und die Koffer im Auto verstaut. Somit reichten mir die viertel Stunde für das sehr üppige und leckere Frühstücksbuffet. Fehler also nur noch der Checkout. Hier sei angemerkt, dass ich nicht der einzige war, der sich noch Prospekte des Hotel mitgenommen hat. Das AVIDEA wird wohl demnächst mit Sicherheit wieder ein paar von uns sehen, vielleicht sogar incl. Frau und Kinder (die bei mir aus Gewichtsgründen zu Hause bleiben mussten, die anderen hatten einfach keine Rücksitzbank für Ihre Sprösslinge).
DRIVE-LOTUS | STELVIO 2020
IMMER NOCH NICHT GENUG!
Los ging es Richtung Heimat, aber natürlich nicht über die Autobahn. Timo hatte mit uns noch einiges vor. Bei etwas mehr Verkehr dauerte es ein wenig, bis wir alle wieder im Formationsflug unterwegs waren. Eines durfte über Funk natürlich nicht fehlen: „Kein Verkehr mehr zwischen uns, alle da, nur noch so ein Ford Focus, der sich scheinbar reingedrängt hat!“. Ehrlich gesagt wäre ich beleidigt gewesen, hätte man mich nicht so herzlich von Anfang an in der Gruppe begrüsst! Bei einem kurzen Zwischenstop war die Idee geboren, dass ich meinen Focus mal kurzerhand mit einer Elise tausche. Nachdem ich Sam’s Elli (Sam, von Ihm hatte ich den Hinweis mit der Tour) schon mal vor einem Jahr für ein paar Kilometer auf der Landstrasse bewegen durfte, hat er sie mir für die nächsten Kilometer und die vor uns liegenden Passstrassen anvertraut. Mann, hatte ich ein Glück, dass wir „erneut“ falsch abgebogen sind und ich eine ziemlich kurvige Strecke gleich zwei mal extra mit Sam’s Eli fahren durfte. Ich weiss nicht ob es Lotusbesitzern auch noch so geht, aber beim Starten des Motors gingen meine Mundwinkel nach oben und senkten sich erst wieder beim Aussteigen. Muss auf Blitzerfotos echt dämlich aussehen, wenn man freudestrahlend in eine Radarfalle fährt. Nur gut dass wir es nie mit der Geschwindigkeit übertrieben haben und somit die Gefahr offizieller Portraits gleich Null war. Der Spass kommt von alleine, wenn man die Kurven einfach mit der gleichen Geschwindigkeit wie die Geraden nehmen kann!
Angekommen am Hahntennjoch stellte ich meinen „Leih Lotus“ mit einem lachenden und einem weinenden Auge ab: Es war Zeit zurückzutauschen. Vorher wurde aber erst mal die Drohne ausgepackt und ein paar Luftaufnahmen gemacht. Die womöglich größte Herausforderung war, einmal in Reih und Glied auf dem Hahntennjoch zu parken, für das Foto-Finish. Die 10 minütige Einweisung der Fahrzeuge in die Parklücken hat Timo bestimmt das ein oder andere graue Haar gekostet. Schaut man sich aber die Fotos und Videos an, die mit seiner Drohne dabei rauskamen, muss ich sagen, dass es sich gelohnt diese Zeit zu investieren. Gar nicht so einfach 13 Autos fotogen zu parken. Der nächste Scherz lies natürlich nicht lange auf sich warten: „Das wird nicht so einfach den Focus aus dem Bild raus zu retuschieren“. Leute, was soll ich da sagen: „Schon mal versucht 12 Lotus aus einem Bergpanorama zu entfernen?“
Via Namlostal ging es dann in Richtung Plansee. Hier hatten wir noch eine Begegnung der dritten Art mit unseren deutschen Gesetzeshütern. Nachdem aber klar war, dass bei uns nichts zu holen ist, durften wir nach 15 Minuten Pause unsere Fahrt fortsetzen. Ohne Kontrolle. Was genau hinter dieser Aktion stand, weiß ic bis heute nicht, aber es sei soviel gesagt: „Die Gruppe hat sich vorbildlich an Geschwindigkeitsbeschränkungen und entsprechende Regeln gehalten, inner- als auch ausserorts. Es gab auf der ganzen Tour nicht wirklich eine gefährliche Situation, die durch „unverhältnismäßige“ Fahrweise eines Teilnehmers zustande kam, aber auch neu für mich, wie man mit 13 Autos durchaus so flott unterwegs sein kann, wenn man gegenseitig auf sich aufpasst!“
Eine kleine Sünde wurde dennoch begangen: wir sind ganze 22km auf der Autobahn gefahren und das nach über 650 km Landstraße! Eigentlich hatte ich mir vorgenommen nicht schneller als 160 KM/h auf der Autobahn zu fahren. Die freie Strecke, keine Geschwindigkeitsbeschränkung und ein weißer Lotus vor mir, es kam anders. Nach freundlichem Zuwinken an unseren Tourteilnehmer hatte ich freie Fahrt und der Turbo in meinem Focus durfte dann noch einmal kräftig durchatmen. Vorbei an Timo, der auf der rechten Spur dahin cruiste, checkte ich ein paar Sekunden später nochmal meinen Rückspiegel: da hatte sich doch tatsächlich schon etwas dunkles, flaches im Windschatten meines „Minivans“ angesaugt. 22 km können ganz schön schnell vorbei sein, genau wie dieses tolle Wochenende.
DRIVE-LOTUS | STELVIO 2020
MEIN FAZIT AUS 650 KM KURVENSPASS
Am ursprünglichen Startpunkt in Holzkirchen angekommen haben sich alle noch freundlich verabschiedet und schon Pläne für eine mögliche nächste Tour geschmiedet. Ich bin froh euch alle kennengelernt zu haben und freue mich schon auf das nächste mal. Hoffentlich irgendwann auch im eigenen Lotus! Mit dieser Idee bin ich grinsend nach Hause gefahren und habe davon sofort meiner Frau berichtet. Nach ein paar energischen „Nein!“ möchte ich euch noch ihre finalen Worte zu diesem Thema mitteilen: „Ich bin ja grundsätzlich nicht dagegen, aber…“ Den Rest erspare ich euch und bekanntlich stirbt die Hoffnung ja zuletzt!
Grüße an alle und allzeit gute Fahrt!
Matthias, der mit dem (schnellen) Minivan
COME AND RIDE WITH US!